Großbritanniens Premierminister David Cameron hat eine Menge Kritik einstecken müssen für seinen Vorschlag, die Briten über die Zugehörigkeit zur Europäischen Union abstimmen zu lassen. Er spiele ein gefährliches Spiel, wird ihm vorgeworfen, und er betreibe plumpen Wahlkampf. Mit Sicherheit steckt auch eine ganze Menge Kalkül hinter den Vorschlägen, keine Frage. Und doch lassen die Reaktionen tief blicken. Wo kommen wir denn hin, wenn das Volk plötzlich den Politikern das Heft des Handelns aus der Hand nimmt und selbst Entscheidungen trifft?
Der Schweizer Verleger Roger Köppel hat - in einem anderen Zusammenhang - neulich geschrieben, dass die direkte Demokratie den Staat zwinge, die Interessen der Bürger über die Interessen der Politiker zu stellen. Die Reaktionen der Politik auf die Rede Camerons bestätigen diese These auf erschreckende Weise.
Wenn ich mir anschaue, welche Entscheidungen die deutschen Politiker in Zusammenhang mit der Eurokrise in den vergangenen Jahren getroffen haben, ohne das Volk zu befragen, komme ich zu dem Schluss: Wir haben nicht zu viel, sondern zu wenig direkte Demokratie. Dabei geht es nicht um den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. Aber es geht um wegweisende Entscheidungen, die mit der Einführung des Euro beginnen, sich mit der Installation von milliardenschweren Haftungs- und Garantiekonstrukten wie dem ESM fortsetzen und vermutlich demnächst in einem zentralistischen und freiheitsberaubenden Konstrukt namens Europäische Union münden werden.
Wo ist der deutsche Cameron, der bei diesen Fragen eine Volksabstimmung vorschlägt? Dass der Euro in seiner jetzigen Form nicht funktioniert lässt sich volkswirtschaftlich relativ klar begründen. Dass die Eurokrise zurzeit Pause macht, widerspricht dem in keiner Weise. Es liegt vielmehr daran, dass die Politik und Geldpolitik ihre Entschlossenheit deutlich macht, die strukturellen Unterschiede innerhalb der Eurozone durch Transferzahlungen und Notenbankgeld zuzukleistern. Beheben wird sie die Probleme dadurch nicht. Ganz im Gegenteil: Durch die vermeintliche Ruhe an den Finanzmärkten sinkt der Druck zu Reformen. Es wird zwar Zeit gewonnen, wie die Politik sich das auch wünscht. Aber die Zeit wird nicht genutzt.
Die Krise wird wiederkehren, das scheint mir keine Frage zu sein. Wann und in welcher Form ist völlig offen. Es kann in Form von Inflation sein. Es kann aber auch in Form von schleichender Verarmung von Ländern wie Deutschland sein, wie ich sie in meinem Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“ beschrieben habe. Dann würden wir uns alle auf dem Niveau der jetzigen Krisenländer wiedertreffen, ohne diesen geholfen zu haben.
Man muss kein schlechter Europäer sein, um an das schleichende Demokratiedefizit zu erinnern und an das fehlende Vertrauen der Bürger in die EU und ihre Institutionen, schreibt die WELT. Wenn selbst Nobelpreisträger Robert Mundell fordert, dass die Eurozone „zurück auf Los“ müsse und sich jedes Land selbst helfen solle, dann kommt das von jemandem, der als „Vater des Euro“ separatistischer Agitation unverdächtig ist. Ein ordentliches Stück direkter Demokratie würde vermutlich helfen. Es gibt großen Bedarf für einen deutschen Cameron.
Kommentare
Hallo Herr Klaus,
ob Ihre erhellenden Gedankengänge in den jeweiligen Hauptstädten oder auch in Bremen und umzu angemessen wahrgenommen werden, darf (leider) eher bezweifelt werden... - wie ja auch die so manche herrschende Meinung hinterfragenden Erkenntnisse eines fachbewanderten Professors aus München...
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/ gastbeitrag-die-eurokrise-ist-noch-nicht-geloest-12042126.html
Beste Grüße
Die Deutschen haben den schönen Schein der Demokratie, sonst nichts. Armes Deutschland. Wir haben in der Masse keine Volksvertreter, die diesen Namen verdienen
sicher sprechen sie vielen Bürgern aus der Seele. Das Demokratieverständnis der meisten Politiker, sei es auf Landes oder Bundesebne ist in der Tat sehr wenig ausgeprägt. Der Parteienproporz und Kult wird doch mit voller Absicht so vorangetrieben. Bei welchen wichtigen Ereignissen hat der Bürger der BRD denn mitentschieden????
Sei es Einführung des Euro, Hartz- Gesetze, Rettungsfond etc. über all das abzustimmen wäre doch für den Bürger zu viel des Guten. Und der Bürger ist zu dumm. Das sind doch die Argumente dieser windigen Politikergilde. Auch viele Mitbürger müßten einmal mehr über den Tellerrand schauen und nicht nur Deutschland sucht den Superstar, bzw. Dschungel-König gucken und die wertvolle Zeit verplempern ohne sich Gedanken um das Modell Deutschland und die Zukunft zu machen.
Ich befürchte, dass auf absehbare Zeit hin, keine Veränderung diesbezüglich stattfinden. Die eine Seite(Politiker) fürchten um ihre Privilegien und ein großer Teil der Bürger wollen sich doch keine Gedanken machen. Die Politik wird es schon richten, heißt es so schön.
Gruss HS
Endlich mal keine Kritik an Camerons Rede und Thesen zu lesen.
In unseren Qualitäts (und verblödungs-) Medien nichts als Kritik und Schmipfe, aber 0% Aufklärung und Objektivität.
Genauso zum Thema Mali und Bundeswehrunterstützung.
Plötzlich gehts da rund und die 50Jahre alten dicken Brüder schon unten am machen.
Doch wieso, weshalb und wer hat was....? Fehlanzeige.
Ich frage mich, warum bei all der Intelligenz in Deutschland sich nicht einige potente und rechtschaffene Leute zusammen finden, um mit einer neuen Partei die Übel beim Schopf zu packen? Ich meine dabei nicht eine Partei, wie die Piraten. Ich meine eine Partei, die sich auf die Fahnen schreibt, die grundsätzlichen Schwächen unseres heutigen Systems auszumärzen und die Erkenntnisse der letzten 60 Jahre Bundesrepublik in konstruktive politische Reformen umzusetzen. Und bei einem solchen Prozess können die demokratischen Prinzipien hervorragend befolgt werden, denn ohne wesentliche Verfassungsänderungen wird nichts laufen. Hierfür werden Zweidrittel-Mehrheiten benötigt und die sind für eine neue Partei nicht ohne lawinenartige Verschiebung der Wählermeinungen zu bekommen.
Von den etablierten Parteien ist da absolut nichts zu erwarten, denn die Politiker an der Macht werden sich nicht selbst ihr bequemes obwohl löchriges Fundament zerstören.
Und eine solche Mission gelingt nicht über Nacht und fordert starken und langen Atem und die entsprechenden finanziellen Mittel.
Aber man sollte meinen, dass sich doch in diesem Land gradlinige Mitglieder der sogenannten Elite finden, die sich so etwas auf die Fahnen schreiben wollen und bereit sind es durchziehen zu wollen.
Beispiele in anderen Ländern zeigen doch, dass man mit einem Konzept, mit dem man die Sorgen der Menschen ehrlich anspricht, in relativ kurzer Zeit bei Wahlen Überraschungserfolge erzielen kann. Die kürzliche Wahl in Isreal ist ein gutes Beispiel hierfür.
Jede Woche wird das deutsche Fernsehpublikum von zig politischen Talkshows "unterhalten", die alle keine Lösungen bringen sondern im Sinne eines Vorwärtskommens der Gesellschaft vertane Zeit und vergeudete finanzielle Mittel sind. Und die Moderatoren, die ja nun auch nicht gerade zu den Kleinverdienern gehören, auch wenn sie durch ihre Sprüche für den kleinen Mann immer den Eindruck erwecken wollen, sind nichts anderes als Intertainer, die aufgrund der begrenzten Zeitvorgabe gar keine Chance haben, dem Zuschauer am Ende der Sendung wenigstens einmal eine Lösung des diskutierten Problems zu bringen.
Warum kommt eigentlich seit zig Jahren keiner der hochkarätigen Teilnehmer an solchen Veranstaltungen darauf, einmal zu fordern, eine Talkshow aufzulegen, in der sich eine Auswahl von zufällig ausgewählten Bürgern, Wirtschaftsleuten und Politikern mit der Grundfrage befassen "Welche Schwächen hat nach den Erfahrungen der letzten 60 Jahre unser heutiges politisches System, wie es durch das jetzige Grundgesetz bestimmt wird, im Angesicht der Realitäten dieser Welt?"
Man soll nicht glauben, dass auch nur ein Intendant der öffentlichen Medien - der privaten sicherlich schon gar nicht - so ein Thema auf's Tapet bringen würde.
In den politischen Talkshows, wie wir sie heute sehen, sollte man meinen, dass es einige gestandene Persönlichkeiten gibt, die die Behandlung eines solchen Themas ohne Zeitlimit und über mehrere Sitzungen fordern und durchdrücken könnten. Gute Folgen sind ja in Deutschland sehr beliebt und die Spannung und Aufmerksamkeit würde bei breiten Publikum sicherlich zunehmen. Die Moderation müsste allerdings von einer gestandenen unabhängigen Person erfolgen, die es schafft, Disziplin in der Diskussion und das Festhalten von Ergebnissen zu gestalten.
Für Initiatoren einer neuen Partei, die im langfristigen Interesse der Bürger handeln will, wäre eine solche Talkshow quasi der Initialschritt, um Aufmerksamkeit in der Breite zu erzielen und darauf mit weiteren Schritten aufzubauen, um viele Wähler schnell hinter sich zu bringen. Ich bin mir sicher, dass bei einer solchen Talkshow rasch Kernpunkte unserer im jetzigen Grundgesetz eingebetteten Systemschwächen erarbeitet werden, wie z.B.
- das heutige System zwingt Politiker viel zu wenig, Entscheidungen zu treffen, die sich erst nach der nächsten Wahl positiv zeigen können (man kann durch die entsprechende Verfassungsreformen den Wahlzyklus vom Belohnungs-/Bestrafungszyklus für Politiker trennen); die heutige Welt ist viel zu komplex, als dass Entscheidungen, die innerhalb der laufenden Wahlperiode positiv reflektieren sollen, nachhaltig gut sein können;
- die schlimmste Bestrafung eines Politikers, für Entscheidungen und Aussagen, die sich als falsch heraus stellen oder für unzulängliches Arbeiten, ist heute die Nicht-Wiederwahl durch die Bürger. Und oft passiert das nicht einmal, weil der Bürger die Fehler zu spät sieht und innerhalb der Parteien geflissentlich Rücksicht genommen wird. Im Hinblick auf die negativen Konsequenzen für die Bürgen (ist wie in einem Unternehmen durch ein qualifiziertes Controlling alles messbar zu machen) ist das einfach zu wenig, wenn man bedenkt, dass jeder Arbeiter und Angestellte, wenn er/sie Mist bauen, meist viel schärferen negativen Konsequenzen für ihren weiteren Lebensweg ins Auge schauen müssen. Natürlich müsste bei einer stärkeren potentiellen Bestrafung für Fehlleistungen der Politiker auch gleichzeitig die Belohnungskomponente für einen guten Job deutlich stärker ausgeprägt werden. Durch entsprechende Verfassungsänderungen lässt sich so etwas alles implementieren. Politker müssen stärker objektiv gemessen werden und sicherlich brauchen wir neben der Legislative, der Judikative und der Exekutive eine neue zusätzliche Staatsmacht, deren verfassungsmäßige Aufgabe das Messen der Leistungen der Politiker ist. Eine solche neue Staatsmacht müsste auch darauf achten, dass die Parteien nach der Wahl, das dem Wähler im Parteiprogramm Beschlossene verwirklichen und nicht ohne triftigen Grund über Bord werfen.)
- für führende Politiker müssten verfassungsmäßig Mindestqualifikationen fest gelegt werden, die es gilt einzuhalten. Wer in welcher Position darunter fällt (z.B. alle Landes- und Bundesminister, Staatssekretäre und am besten auch noch eine Mindestqualifikation für alle Abgeordneten) lässt sich von der neuen vierten Staatsmacht definieren. In jedem Unternehmen muss jeder eine Qualifikation nachweisen und sich vor Einstellung von Unabhängigen prüfen lassen. Nur in der Politik ist das nicht so. Muss das so bleiben? Und für Minister auf Bundesebene, Kanzler und Präsident sollte man sicherlich gleich noch einen erfolgreichen fünfjährigen Arbeitsaufenthalt im Ausland als Voraussetzung fordern. Dann würden die Herrschaften begreifen, dass Deutschland nicht der Nabel der Welt ist und man von anderen Völkern lernen kann, bevor man mit allem selbst neu herum doktort.
Hoffentlich wären die Massen für solche Konzepte ziemlich rasch zu gewinnen, denn einen anderen Weg gibt es wohl kaum, um die heutige Demokratie noch besser zu machen. Na klar braucht es für Verfassungsänderungen Zweidrittel-Mehrheiten und die bekommt man nicht über Nacht, auch wenn das derzeitige System noch mehr recht als schlecht dahin schlendert, obwohl immer mehr Bürger auf der Verliererseite stehen. Aber bestimmt ließen sich mit einem veränderten Demokratiekonzept, das neue der heutigen Zeit gerecht werdende Bausteine enthält, auch wieder viele heutige Nichtwähler motivieren.
Fakt ist, dass es offensichtlich in der ganzen sogenannten Elite bisher niemanden gibt, der es sich zutraut, eine solche Vision zu realisieren, eine entsprechende Mission zu stricken, die dazu gehörigen Strategien zu definieren und das dem Volk beizubringen. Jedenfalls ist bisher niemand zu sehen.
Ich habe die Hoffnung allerdings noch nicht ganz aufgegeben, dass sich einige Persönlichkeiten für die Aufstellung eines politischen Konzeptes finden, bei dem der Bauplan bei einem neuen Fundament beginnt und man sich nicht wie heute mit Details wie Fenstern, Türen und Dachziegeln rumschlägt und damit weiter in die Irre manövriert. Und hoffentlich passiert dies noch, bevor wir Zeiten wie in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts bekommen. Wenn die Gesellschaft keine Persönlichkeiten hervor bringt, die das können und wollen, dann muss sie sich später vielleicht über die Auswirkungen ihre Phlegmas wieder nicht wundern.
es ist nur ein wahl versprecher.
mit dem spruch hat er die letzte wahl gewonnen kam aber dann nicht zum referendum.
und dieses mal startet er es wieder, mal sehen ob die leute ihn dieses mal trauen? oder ob die schon die letzte unwahrheiten vergessen haben?
alle greifen nach strohhalmen um sich vor dem ertrinken zu retten. keine denkt dadran einfach den stöpsel aus der Wanne zu nehmen, um das wasser abzulassen.